Der „englische Rasen“ hat ausgedient. Zumindest denkt man das, wenn man sich Gartensendungen im Fernsehen ansieht. Überall wird propagiert, wie wichtig eine wilde Wiese für die Artenvielfalt ist. Dennoch sehe ich in unserem Nachbarsumfeld vor allem eins: durch Rasenmähroboter dauerhaft kurz gehaltene Rasenflächen, die im Sommer besprenkelt werden.
Den Kampf gegen vertrockneten Rasen, ständiges Nachsähen, wässern und vertikutieren haben die Schwiegereltern nach dem Hitzesommer 2022 aufgegeben. Jetzt werden nur noch Ränder gemäht und an den Stellen, die sich in praller Sonne befinden wurden Blumensamen und Wildkräuter gesäht. Nach kurzer Zeit versammeln sich dort zahlreiche Insekten und Schmetterlinge. Es summt und brummt überall.
Auch bei uns im Garten haben wir beschlossen nur mit der Sense die Flächen zu mähen, wo wir durchgehen. Im hohen wilden Gras fühlen sich besonders Libellen und Heuschrecken wohl. Die wilden Blumen und Kräuter werden fleißig von Bienen, Hummeln und anderen Insekten besucht. Und plözlich findet man Käfer auf den Pflanzen, die man noch nie zuvor gesehen hat oder die sogar auf der roten Liste stehen!
Wie wichtig der Lebensraum Wiese ist, zeigt sich auch an der Präsenz anderer wilder Tiere wie Igel oder Vögel. Beide brauchen die Insekten als Nahrung. Da Igel bereits lange als gefährdet gelten, ist es umso wichtiger, ihnen einen Lebensraum zu schaffen, der ihnen einen unabhängigen natürlichen Aufenthaltsort bietet, wo sie sich selbst ernähren können, ohne dass wir Menschen eingreifen müssen. Gleiches gilt für Vögel: Sie kommen dort hin, wo sie Insekten finden. Wenn es keine gibt, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich vom Menschen durchfüttern zu lassen.
Es geht also nicht nur ums Insektensterben, sondern um Biodiversität und generell den Erhalt von Ökosystemen. Die Nahrungskette hört schließlich nicht bei den Insekten auf!
Wie einfach es ist, ein Stück Wildnis in den eigenen Garten zu bringen, habe ich oben schon erwähnt: Ein großes Stück Rasen auswildern, mit Wildblumensamen aufwerten und einfach wachsen lassen! Du wirst sehen, dass du plötzlich weniger Wasser im Sommer verbrauchst, denn die wilde Wiese benötigt nichts außer den Regen, der ab und zu kommt. Die Pflanzen sind bestens ausgestattet, dass sie nicht vertrocknen (was man von Rasen nicht gerade behaupten kann). Die Wiese ist den gesamten Sommer grün und du wirst das gesamte Jahr ein buntes Blütenmeer haben.
Da es im Handel leider sehr unterschiedliche Blumenwiesen-Samenmischungen gibt, möchte ich auch noch darauf aufmerksam machen, dass einige dieser Mischungen nicht-heimische Pflanzen enthalten, die leider auch sehr invasiv sein können und den Lebensraum der heimischen Pflanzen wegnehmen. Achte also darauf, dass du besser einzelne Sorten kaufst und dir selbst eine Mischung zusammenmischt. Auch kannst du bei einem Spaziergang durch Wald und Feld verschiedenste Samen einsammeln von Gräsern oder wilden Blumen. Bestens geeignet sind zum Beispiel: Schafgarbe, Kornblume, Klatschmohn (Achtung: in Blumenmischungen ist oft kanadischer Mohn drin!), Klee, Hirtentäschelkraut, wilde Möhre, Leinkraut, Wiesen-Salbei, Günsel, Gänseblümchen, Weg-Malve, Spitzwegerich, Schlüsselblume, Wiesen-Glockenblume, Veilchen usw.
Du wirst auch merken, dass sich vieles von selbst aussäht, wenn man die Flächen einfach mal sich selbst überlässt. Von Ackersenf über Mohn und Schafgarbe bis hin zu Disteln und wilden Kräutern – freu dich einfach über alles, was sich von selbst ansiedelt, denn es bietet deinem Garten die Artenvielfalt, die so dringend benötigt wird!
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